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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 25.07.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 103/06
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 1 Abs. 5 S. 1 | |
KSchG § 1 Abs. 5 S. 2 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil
Im Namen des Volkes
Aktenzeichen: 2 Sa 103/06
Verkündet am 25.07.2006
In dem Rechtsstreit
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 25.07.2006 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 16.11.2005 - 4 Ca 1168 c/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses und die Rechtmäßigkeit einer erteilten Abmahnung.
Der Kläger ist am ....1970 geboren. Er ist verheiratet und unterhaltspflichtig für 2 Kinder. Bei der Beklagten absolvierte er von August 1988 bis 1991 eine Ausbildung zum Industriemechaniker. Mit Wirkung vom 28.1.1991 wurde er als Industriemechaniker (Schlosser) eingestellt. Seine Vergütung betrug zuletzt ca. 3.000 EUR brutto monatlich (Lohngr. VII). Im Jahr 1997 wurde der Kläger mit seinem Einverständnis als Heizer in das Heizkraftwerk versetzt. Dort konnte er durch die Tätigkeit im Schichtdienst ein höheres Nettoentgelt erzielen. Das Heizkraftwerk versorgte auch die Fa. ..., deren Betrieb zum 31.12.2005 geschlossen wurde, mit Energie. Von dem Entschluss, den Betrieb der ... zum 31.12.2005 zu schließen, erfuhr die Beklagte am 11.1.2005. Sie beschloss umfangreiche Maßnahmen und Organisationsänderungen, die zu einem Interessenausgleich und Sozialplan mit Datum vom 18.5.2005 führten (Bl. 18 d.A.). Unter Anderem wurden die Kostenstellen Dampf- und Stromerzeugung und Kläranlage um insgesamt 22 Stellen gekürzt, wobei 9 dieser Stellen der Lohngruppe VII zuzuordnen sind. Hinsichtlich der Einzelheiten der Änderungen wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen. Anlage 1 des Interessenausgleichs ist eine Namensliste der zu kündigenden Mitarbeiter, in der auch der Kläger aufgeführt ist (Bl. 23 d.A.). Der Betriebsrat wurde über die beabsichtigte Kündigung am 19.5.2005 unterrichtet. Am 27.5.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.12.2005 (Bl. 5 d.A.). Hiergegen hat der Kläger am 14.6.2005 Klage erhoben.
Der Kläger war vom 6. 6. bis 7.7.2005 arbeitsunfähig erkrankt. Am 8.7.2005 erschien der Kläger, der seine Tätigkeit um 5:30 Uhr hätte aufnehmen sollen, nicht zur Arbeit. Er meldete sich nicht ab. Um 16:45 Uhr wurde eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Pförtner abgegeben. Die Beklagte sprach wegen dieses Sachverhalts eine Abmahnung aus (Bl. 27 d.A.), die der Kläger durch Klagerweiterung vom 12.8.2005 angegriffen hat.
Der Kläger hat vorgetragen, die Tätigkeit als Heizer werde trotz der Schließung des Betriebs der ... nicht beeinträchtigt. Es seien insgesamt 4 Heizer und ein Maschinist gekündigt und mindestens in gleicher Zahl Heizer angelernt worden. Er sei auch bereit, wieder als Schlosser zu arbeiten. Mit den Schlossern sei er vergleichbar und schutzwürdiger als der Mitarbeiter F.. Zudem habe die Beklagte neue Stellen ausgeschrieben.
Die Abmahnung sei unberechtigt. Er habe wegen Magenbeschwerden am 7.7.2005 abends ein Medikament gegen Magenbeschwerden und eine Beruhigungstablette eingenommen. Durch die Kombination beider Medikamente sei er benommen gewesen und erst am Nachmittag des nächsten Tages wieder wach geworden. Er sei weiter sehr benommen gewesen, zu seinem Hausarzt gegangen und habe dort eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Dies könne ihm nicht vorgeworfen werden.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.5.2005 nicht beendet worden ist und über den 31.12.2005 hinausgehend zu unveränderten Bedingungen fortbestehe,
2. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 13.7.2005 ausgesprochene Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Interessenausgleich mit Namensliste bezogen und weiter vorgetragen, die Schlosser seien in Lohngruppe VIII und daher nicht mit dem Kläger vergleichbar. Der Mitarbeiter F. scheide daher aus der Sozialauswahl aus, desgleichen J., der Maschinist/Springer sei. Die ausgeschriebenen Stellen seien nicht frei, sondern infolge von Umsetzungen wieder zu besetzen gewesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.11.2005, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, die Abmahnung sei unberechtigt. Erstinstanzlich sei unstreitig gewesen, dass er am Abend des 07.07.2005 Medikamente gegen Magenbeschwerden und eine Beruhigungstablette eingenommen habe und dass diese Kombination der eingenommenen Medikamente Ursache dafür gewesen sei, dass er regelrecht benommen gewesen und erst am Nachmittag des 08.07.2005 wieder wach geworden sei. Unstreitig sei auch, dass er sich im Anschluss hieran sogleich mit seinem Hausarzt, Herrn Dr. H., in Verbindung gesetzt und dann seine Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Beklagten angezeigt habe. Auf die Frage, welche Medikamente er nun genau eingenommen habe, könne es daher nicht ankommen, auch nicht auf eine etwaige Entbindung des Hausarztes Dr. H. von seiner ärztlichen Schweigepflicht. Indes habe er keinerlei Bedenken dagegen, seinen Hausarzt, auf dessen Zeugnis er sich berufe, von der Schweigepflicht zu entbinden. Das Fernbleiben am 8.7.2006 stelle damit kein schuldhaftes Verhalten dar, so dass die Abmahnung zurückzunehmen sei. Jedenfalls verstoße sie gegen das Übermaßverbot.
Aber auch die Kündigung vom 27.5.2005 sei unwirksam. Betriebsbedingte Gründe für die Kündigung seien nicht vorhanden. Der Arbeitsplatz des Klägers als Heizer im Kraftwerk sei von der Betriebsschließung der Firma B. überhaupt nicht betroffen gewesen. Hieraus folge zwingend, dass gerade keine dringenden betrieblichen Erfordernisse der Beklagten vorlagen, die eine Kündigung rechtfertigen könnten. Auch die Entscheidung der Beklagten, Klärwärter und Heizer künftig im Bereich des Kraftwerkes und der Kläranlage nicht mehr getrennt zu beschäftigen, sondern beide Funktionen in einer Person zu vereinen, wirke sich nicht aus. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Personal im Klärwerk aufgrund der Betriebsänderung eingespart werde, nicht aber im Kraftwerk. Es hätte daher vorrangig den im Kraftwerk beschäftigten Mitarbeitern angeboten werden müssen, künftig beide Funktionen des Heizers und des Klärwärters auszuüben. Ein betriebliches Erfordernis liege insbesondere nicht in der Schließung des Betriebes der Firma B.. Erst durch die organisatorische Maßnahme der Beklagten, die Tätigkeiten von Heizern und Klärwärtern zusammenzulegen, seien erst die Heizer und damit auch der Kläger "ins Spiel gekommen". Diese organisatorische Entscheidung stehe in vollem Umfang zur Überprüfung. Zudem sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft erfolgt. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei insoweit widersprüchlich. Danach seien Arbeitnehmer in die Auswahl in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen und damit nach der ausgeübten Tätigkeit einzubeziehen (S. 10, 11 des Urteiles). Dann könnten aber Heizer nicht mit Klärwärtern verglichen werden. Beide übten unterschiedliche Tätigkeiten aus. Damit sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft erfolgt. Andererseits habe das Arbeitsgericht die Einbeziehung der als Mechaniker/Schlosser beschäftigten Mitarbeiter für unzulässig gehalten, obwohl der Kläger unstreitig bei der Beklagten den Beruf des Schlossers erlernt und auch bis 1997 dort ausgeübt habe. Die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zeige sich insbesondere an den herangezogenen Beispielen hinsichtlich der Mitarbeiter H. J. und K. F.. Beide seien gar nicht erst in den Kreis der betroffenen Mitarbeiter aufgenommen worden. Der Mitarbeiter J. sei, nachdem die Schließung des Betriebes der Firma B. feststand, als Heizer abgezogen und seitdem als Maschinist im Kraftwerk eingesetzt worden. Diese Tätigkeit als Maschinist hätte auch ohne weiteres der 2 Jahre länger im Kraftwerk beschäftigte Kläger ausüben können. Der Heizer K. F. sei etwa zur gleichen Zeit wie der Heizer J., d.h. nachdem die Entscheidung der Firma B., den dortigen Betrieb zu schließen, bekannt geworden sei, als Heizer vom Kraftwerk der Beklagten abgezogen und fortan als Schlosser eingesetzt worden. Als Schlosser hätte auch der Kläger ohne weiteres tätig sein können. Hier habe die Beklagte durch eine vorweggenommene Personalentscheidungen die beiden Mitarbeiter J. und F. willkürlich aus der Sozialauswahl herausgenommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 13.07.2005 ausgesprochene Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.05.2005 nicht beendet worden ist und über den 31.12.2005 hinausgehend zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteiles 1. Instanz an das Arbeitsgericht Elmshorn zur weiteren Sachverhaltsaufklärung gemäß § 538 Abs. 2 ZPO zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, es sei nicht ersichtlich, wieso der Kläger meine, dass seine Darstellung zum Grund des Fernbleibens am 8.7.2005 unstreitig geblieben sei. Sie habe bereits im Schriftsatz vom 2.11.2005 darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Klägers nicht hinreichend substantiiert sei. Die Abmahnung sei damit zu recht ausgesprochen worden. Aber auch die Kündigung sei wirksam. Der Kläger verkenne, dass hier ein Interessenausgleich mit Namensliste vorliege. Es finde daher eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast statt. Wie sie bereits erstinstanzlich dargelegt habe, sei die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entfallen. Auslöser sei, entgegen der Auffassung des Klägers, die Schließung des Werks von B. Die Umgestaltung der Arbeitsorganisation sei der Entscheidung des Arbeitgebers vorbehalten. Zur Begründung der Entscheidung, die Tätigkeit der Heizer und Klärwärter zusammenzulegen, damit eine größere Flexibilität erreicht werde, habe sie bereits vorgetragen. Das Konzept habe sie auch umgesetzt. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Der Kläger sei zwar nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten auszuführen. Sie könne ihn aber nur insoweit umsetzen, als eine Änderungskündigung nicht erforderlich sei. Daher könne ihm ein Arbeitsplatz als Schlosser (Lohngruppe VIII) nicht übertragen werden, obwohl er diese Tätigkeit erlernt habe. Denn die ausgeübte Tätigkeit sei die eines Heizers (Lohngruppe VII). Hiernach richte sich die Vergleichbarkeit mit anderen Mitarbeitern. Zu den Mitarbeitern J. (seit 1.2.2005 Maschinist/Springer) und F. (Schlosser) habe sie bereits vorgetragen. F. habe lediglich eine Krankheitsvertretung wahrgenomnen. Sein Arbeitsvertrag als Schlosser (Bl. 103) sei während der Vertretung nicht geändert worden.
In der Berufungsverhandlung hat der Kläger persönlich u.a. erklärt, die Beklagte "lüge", sie habe die Sozialauswahl durch die vorherige Umsetzung der Mitarbeiter F. und J. manipuliert und er werde "beschissen". Die Beklagte hat im Hinblick hierauf erklärt, sie könne mit dem Kläger auf Grund seiner Äußerungen nicht mehr zusammenarbeiten, und einen hilfsweisen Auflösungsantrag gestellt, dem der Kläger u.a. mit der Erklärung entgegengetreten ist, er habe lediglich seine emotionale Lage darstellen wollen, die Wortwahl sei auf seine unzureichende Sprachkenntnis zurückzuführen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg.
1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Kündigung nicht sozialwidrig und auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.
Ergänzend wird weiter ausgeführt:
1.1 Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist zu vermuten, dass dringende betriebliche Gründe vorliegen, weil die Beklagte eine Betriebsänderung vorgenommen und mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abgeschlossen hat, in dem der Kläger namentlich genannt ist. Es wird daher nach § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG vermutet, dass dringende betriebliche Erfordernisse für diese Kündigung vorliegen. Diese Vermutung ist vom Kläger auch in der Berufung nicht widerlegt worden.
Der Kläger kann sich zur Widerlegung nicht darauf stützen, dass jetzt verschiedene Mitarbeiter in die Ausrüstungsabteilung versetzt worden sind. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Stellen im Kraftwerk nicht fortgefallen sind. Im Gegenteil sind im Rahmen dieser Umsetzung Mitarbeiter auch aus dem Kraftwerk in die Ausrüstungsabteilung versetzt worden. Hinzu kommt, dass die Kündigungsfrist des Klägers am 31.12.2005 endete. Sollten jetzt Stellen freigeworden sein, so führte das nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Auch ein Wiedereinstellungsanspruch entstünde nicht hieraus.
Der Kläger kann auch nicht beanstanden, dass die Beklagte die Entscheidung getroffen hat, die Tätigkeiten der Heizer und der Klärwärter zusammenzulegen. Dies unterfällt der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit. Der Arbeitgeber ist - abgesehen von Fällen der Willkür und des Missbrauchs - frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Die daraus abgeleiteten betrieblichen Erfordernisse berechtigen ihn zur Beendigung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in dem Maße, in dem dies zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, und soweit er die weiteren gesetzlichen Vorgaben (z. B. Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl) einhält. Die unternehmerische Organisationsentscheidung betrifft nicht nur die (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch die Frage, mit welcher Belegschaftsstärke bzw. mit welcher vorgehaltenen Personalkapazität der Arbeitgeber sein Unternehmensziel zukünftig erreichen will (BAG Urteil vom 22.9.2005 - 2 AZR 208/05 - BB 2006,1572).
1.2 Soweit der Kläger die Sozialauswahl beanstandet hat, wird ebenfalls auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG grobfehlerhaft erfolgt ist. Auch hat er nicht mit ihm vergleichbare Mitarbeiter namhaft machen können, die sozial weniger schutzbedürftig sind als er und deshalb vorrangig hätten entlassen werden müssen.
Die Mitarbeiter J. und F. sind mit dem Kläger nicht vergleichbar. Sie befinden sich, wie das Arbeitsgericht bereits eingehend begründet hat, auf einer anderen hierarchischen Ebene. Beide sind, anders als der Kläger, in Lohngruppe VIII eingestuft, während der Kläger, der seinerzeit, wohl wegen des höheren Nettoentgelts, freiwillig auf den Arbeitsplatz eines Heizers umgesetzt worden ist, in Lohngruppe VII eingruppiert ist.
Soweit der Kläger meint, die Umsetzung von J. auf den Arbeitsplatz des Springers sei gezielt im Vorfeld der Umstrukturierung erfolgt, um ihn aus der Sozialauswahl herauszunehmen, mag das seinem subjektiven Empfinden von der Gerechtigkeit der Kündigung entsprechen. Er hat aber keine Anhaltspunkte vorgebracht, die diese Vermutung objektiv begründen könnten. Das gilt auch, soweit der Kläger beanstandet, dass der Mitarbeiter F. über einen längeren Zeitraum im Kraftwerk als Heizer eingesetzt war, ohne dass insoweit eine Umgruppierung erfolgte.
2. Auch die Abmahnung ist nicht zu beanstanden.
Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer, dem gegenüber eine Abmahnung ausgesprochen worden ist, wegen sich hieraus ergebenden Belastungen für das Arbeitsverhältnis befugt, die Berechtigung dieser Abmahnung überprüfen zu lassen. Dies gilt insbesondere, weil in der Regel eine Abmahnung einer Kündigung vorauszugehen hat, § 314 BGB. Zweck der Abmahnung ist, den Empfänger der Erklärung an seine vertraglichen Pflichten zu erinnern und ihn zu ermahnen, künftig wieder vertragsgerecht zu arbeiten. Die Abmahnung ist die "gelbe Karte", der bei der Fortsetzung der Pflichtwidrigkeiten die Kündigung als "rote Karte" folgen kann (LAG Hamm Beschluss vom 7.12.1999 - 4 Sa 327/99 - NZA-RR 2000, 494).
Der von der Beklagten in der Abmahnung geschilderte Sachverhalt ist zutreffend. Der Kläger hat sich am 8.7.2005 nicht morgens, sondern erst gemeldet, nachdem er beim Arzt gewesen war. Er hatte mithin den gesamten Arbeitstag versäumt, als er die Beklagte davon unterrichtete, dass er nicht erscheinen werde.
Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass dieser Sachverhalt nicht vorwerfbar sei. Er hat nach wie vor, obwohl das Arbeitsgericht bereits im Urteil beanstandet hat, dass er die Medikamente nicht genannt hat, nicht angegeben, welche Medikamente er genommen hat. Er hätte dies aber tun müssen, damit das Gericht überhaupt in die Lage versetzt worden wäre, sich bei dem behandelnden Arzt zu erkundigen, ob diesem die Einnahme genau dieser Medikamente durch den Kläger bekannt sei und ob sich hieraus eine Arbeitsunfähigkeit ergeben könnte, die den Kläger sogar hinderte, die Beklagte rechtzeitig von seinem Fernbleiben zu unterrichten. Ohne dass das Präparat und damit seine Zusammensetzung bekannt ist, kann auch nicht beurteilt werden, ob derartige Zustände wie vom Kläger behauptet, bei kombinierter Einnahme auftreten können.
Im Übrigen fällt auf, dass die Angaben des Klägers zu den Medikamenten wechseln. In der Berufungsverhandlung hat er angegeben, es habe sich um ein Medikament gegen Migräne und Beruhigungstabletten gehandelt, zuvor hatte er vorgetragen, er habe ein Magenmittel und Beruhigungstabletten genommen. Er hat aber immer nur die Einnahme von 2 Medikamenten, nicht von 3, vorgetragen.
Entgegen der Auffassung des Klägers unterliegt die Abmahnung auch nicht einer Verhältnismäßigkeitskontrolle (BAG Urteil vom 13.11.1991 - 5 AZR 74/91 - NZA 1992,690; BAG Urteil vom 31.8.1994 - 7 AZR 893/93 - NZA 1995, 225). Vielmehr stellt das Erfordernis einer berechtigten Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung bereits einen Ausfluss des Billigkeitsprinzips und der Interessenabwägung, die auch im Kündigungsschutzgesetz ihren Niederschlag gefunden hat, dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Rahmen der gerichtlichen Abmahnungskontrolle nur insoweit von Bedeutung, als Form und Umstände der Abmahnung gemeint sind, nicht die Frage, ob die Abmahnung als solche eine Überreaktion darstellt (LAG Köln, Urt. v. 12.05.1995 - 13 Sa 137/95 - NZA-RR 1996 - 204). Die Berechtigung einer Abmahnung ist nur insoweit nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen, als Form und Umstände der Abmahnung gemeint sind. Ob die Abmahnung als solche eine Überreaktion darstellt, unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle (LAG Schleswig-Holstein Urteil vom 29.11.2005 - 2 Sa 350/05 - NZA-RR 2006,180).
Auch die Tatsache, dass die Beklagte die Abmahnung aussprach, nachdem sie bereits fristgerecht gekündigt hatte, kann nicht als Überreaktion gewertet werden. Denn trotz einer bevorstehenden Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind die Parteien des Arbeitsvertrages gehalten, diesen bis zu seiner Beendigung zu erfüllen. Ebenso, wie der Kläger bis zum Ende Zahlung seiner Vergütung erwartet, kann die Beklagte verlangen, dass der Kläger seine Verpflichtungen erfüllt, wenn es auch nur darum geht, die Beklagte von seinem Fernbleiben zu unterrichten.
Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da nicht ersichtlich ist, dass dieser Rechtsstreit eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bietet.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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